Tomek Kopcewicz, ON THE WAY

30.09.2011 - 15.11.2011

Malerei ist eine spezifische Art der Kommunikation. Abhängig von der Intention des Künstlers und der von ihm angewendeten formalen Mitteln kann ein Gemälde direkt mit uns sprechen oder wie ein langes Gespräch sein, das mit der Zeit viele wichtige Inhalte offenbart. Jedes Bild besteht aus seinen Schichten – sowohl den technologischen wie auch denen des Inhalts. Daher kann die Malerei auf vielen Ebenen empfangen werden.

Eine Empfangsart – die einfachste für den Betrachter – ist die auf der rein ästhetischen Ebene, bei der man die Formen anschaut, ihre „Hübschheit“ bewundert und die Verplanung auf der Leinwand bemerkt. Umso wertvoller ist jedoch die zweite Art und Weise des Kontaktes mit einem Kunstwerk. Das verlangt jedoch vom Empfänger die Bereitschaft etwas Zeit aufzubringen um die in dem Bild versteckten Inhalte zu sehen. Dem modernen Zuschauer, der an die schnelle, visuelle Sprache des TV und der Werbung gewohnt ist, fällt es manchmal schwer sich auf eine solche spezifische Art der Betrachtungsweise umzustellen.

Die Malerei bietet statt rascher Action mit aufregender Bilderabfolge eine andere Art des Erfahrens, die tiefer geht und raffinierter ist, und dadurch auch schwerer lesbar. Die großflächige Lesbarkeit finden wir auch in den Bildern des jungen, polnischen Künstlers Tomek Kopcewicz, die er in der Galerie Sandhofer präsentiert. Die Leinwände aus dem Zyklus „On The Way” scheinen auf den ersten Blick abstrakt. Auf dem leichten farbigen Untergrund zeichnen sich Linien ab. Sie laufen parallel und geradeaus zueinander, sie überschneiden sich. Die einfachen Strukturen dieser Linien füllen die Leinwände und schaffen den Raum.

Wenn wir jedoch genauer hinschauen, wird uns klar, dass wir diese Linien aus dem täglichen Leben kennen. Wir gehen jeden Tag an ihnen vorbei, sie sind untrennbare Elemente der Städte, in welchen wir leben, und der Straßen, die wir durchqueren. Es sind die Schranken, Zäune und Geländer. Sie sprießen aus Bürgensteigen kleine Grünflächen abgrenzend, sie schlängeln sich bei Fußgängerübergängen und schaffen seltsame Tunnels. Kopcewicz separiert sie absichtlich aus dem Hintergrund heraus, in welchem sie sonst untergehen, sie wirken halb durchscheinend. Erst auf der neutralen Leinwandfläche des Bildes machen sie auf sich aufmerksam.

Durch die Konfrontation mit diesen seltsamen Formen kann der Zuschauer erkennen, wie unpraktisch und kompliziert unser Leben durch diese Metallstrukturen beim Gehen wird. Ihre Aufgabe ist es die Fußgänger beim Überqueren der Straße vor Autos zu schützen oder den Rasen vor dem Betreten und die Blumen vor dem Zertrampeln. Aber ist es wirklich so? Ob sie statt zu schützen nicht versperren, blockieren, stören? Die Antwort auf diese Frage ist in den Bildern versteckt. Kopcewicz versteckt sie in einer subtilen und sparsamen Form der gezeigten Objekte. Was sie unterscheidet sind ihre Formen. Manche haben die Form der Buchstabe „L“ oder „S“ .Wieder andere errichten seltsame enge Spalier-Durchgänge mit geometrisch verwickelten Elementen. Es gibt es auch welche, die die Form des Hakenkreuzes oder des Emblems der „SS“ annehmen. Doch unabhängig von ihrer Größe und ihrer Form, werfen sie alle einen Schatten und jener ist der Schlüssel zur Verständnis dieser Bilder.

In diesem Kontext können wir die Bilder Tomek Kopcewicz als eine Art Manifest betrachten. Der Künstler scheint uns daran zu erinnern, dass jede Art von Repression und übermäßiger Regulation des sozialen Lebens auch naturwidrig sein kann. Das Einverständnis zur Eingreifen des Staates sogar in solchen Belangen wie man sich auf den Fußweg bewegen darf, lehrt den Gehorsam. Einen Gehorsam, der uns sehr leicht einzuflößen ist, da er mit der Sorge um unser Leben, unsere Sicherheit und Gesundheit und die unserer Liebsten, Freunde, Nachbarn und Landsmänner begründet wird.
Deshalb ist die Analogie zum totalitären und faschistischen Regime Nazi-Deutschlands sehr treffend, denn jenes stützte sich genau auf einen solchen Mechanismus. Wir selbst bemerken im Alltag nicht wie sehr uns angelernt wurde, die uns aufgezwungenen Regeln und Gebote zu respektieren und zu befolgen. Die Bilder Kopcewicz´ bestätigen das, auf manchen werden die Schranken zu durchbrochenen Linien. Aber der Schatten fällt weiter.

Malerei ist ein Spiel mit dem Betrachter. Er kann sich auch leicht in der Falle der scheinbaren visuellen Banalität fangen lassen, welche die Künstler aufstellen. Jedoch genügt ein bisschen guter Wille um die in den Bildern versteckte Inhalte zu sehen. Tomek Kopcewicz ist ein Künstler, der uns diese Möglichkeit gibt. Seine Bilder beinhalten trotz ihrer einfachen plastischen Form wichtige Reflektionen. Die Mahnung dem gegenüber, was uns aufgezwungen wurde nicht zu passiv zu sein. Die Mahnung, die eigene Freiheit nicht zu verwirken.

 Paulina Sadowska

  • Kopcewicz004

    Untitled 2007

  • Kopcewicz016

    Untitled 2007

  • Kopcewicz009

    Untitled 2007

  • Kopcewicz003

    Untitled 2007 (SOLD)

  • Kopcewicz006

    Untitled 2007 (SOLD)

  • Kopcewicz005

    Untitled 2007

  • Kopcewicz014

    Untitled 2007

  • Kopcewicz013

    Untitled 2007

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