Lech Polcyn

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In Betrachtung der uns umgebenden Realität, haben wir nicht wie unsere Vorfahren das Gefühl an etwas zu partizipieren, was sich als Einheit herausstellt. Das hatte in großem Maße mit den Medien zu tun, die uns bewiesen haben, dass das an dem wir teilhaben, das was wir betrachten, ein nur kleiner Teil des Puzzles ist. Es bedeutet jedoch nicht, dass Fotografie, Film oder Fernsehen uns die ganze Wahrheit mitteilten. Ihre Wirkung war eine eigene Realität zu kreieren, eine Realität, die in kürzester Zeit allgegenwärtig wurde und genauso real wie jene, die uns physisch umgab. Jean Baudrillard nannte dieses Phänomen "Theorie der Hyperrealität", mediale Bilderwelten und Scheinwelten, die wir mehr glaubwürdig finden als das, was sich um uns herum befindet. 

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    "Hygiea" 2011

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    "Post Pictures IV" 2013

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    "Positive-Negative" 2008

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    "Permutation-Still Life" 2012

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    "Post Pictures V" 2009

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    "L.P. Vanitas et Ars" 2009

Das Bewusstsein, nur eine Antwort auf eine Reihe von Fragen zu bekommen, bewirkte eine Fragmentalisierung unseres Empfindens, des Wissens um die Welt. Da gingen auch die großen Narrationen zu Ende (Lyotard). In Folge dessen fiel der Vorhang der Selbsttäuschung und mit ihm die Überzeugung, dass die Kunst eine Erscheinung als "Ganzes" erfassen oder eine universelle Botschaft vermitteln könnte. 

Visuelle Formen, welche die Gegenwart am charakteristischsten für den Zeitgeist formten, sind Trailer, Videoclip, Single und die Werbung. Diese Formen bestehen aus Schnitten oder Kollagen von mehreren Bildern, aus welchen wiederum die Essenz extrahiert wurde, um in kürzester Zeit bei den Betrachtern auf Interesse zu stoßen. Eine riesige Menge von Spektakeln, die einer schnellen Transformation unterliegen und die Spuren ihres Ursprungs verwischen, bewirkt, dass die Künstler auf der Suche nach etwas ganz Nahem, etwas, was sie selbst erlebten oder sahen, sind. Meistens ist es etwas Konkretes, etwas, was sie auf irgendeine Art der nebligen, kurz erscheinenden und dann wieder verschwindenden Realität näher bringt. 

 Bilder von Lech Polcyn, die er in der Galerie Sandhofer präsentieren wird, sind Fragmente aus seiner Welt. Wesentlich in den Werken von Lech Polcyn ist der Begriff "Fragmentation", ein Begriff aus der Computersprache, welcher die ungünstige Verteilung von Dateien beschreibt. Defragmentation hingegen bedeutet eine Neuordnung dieser fragmentierten Dateien. Die Arbeiten Polcyns sind getrennte Repräsentationen, welche man mental oder physisch zusammen fügen kann. Manche Bilder sind zur selbständigen Zusammensetzung einer eigenen Narration durch den Betrachter bestimmt. Die Aussage kann auf diese Weise jedes mal anders sein. 

Die Ausstellung in Innsbruck trägt den Titel " per/mutationen ", der an ein Bild für die Ausstellung "Allegorie des Postmodernismus" (München 2004) anknüpft. Die Definition von Mutation besagt, dass es sich hier um eine plötzliche, sprunghafte, richtungslose erbliche Veränderung im genetischen Material eines Organismus handelt. Sie ist zufallsbedingt, wird aber von der Umwelt beeinflusst. Permutation wiederum - permutatio (Latein: Wechsel, Austausch, Umordnung) - ist ein mathematischer Begriff, in welchem es grundsätzlich darum geht, alle Elemente einer Ausgangsmenge in eine bestimmte Reihenfolge zu bringen. 

Die Themen der Ausstellung werden klassische sein, mit welchen der Künstler als Lehrer an der Krakauer Akademie der schönen Künste häufig zu tun hat. Gezeigt werden Akte, Landschaften und Stillleben, jedoch durch den Künstler neu interpretiert. Es sind meist konzeptuale Realisationen, deren Thematik ein Vorwand ist, denn der Künstler hat kein Interesse das Ästhetische in der Landschaft zu suchen, sondern sie aufzulösen und aufzugliedern. Sein Blick ist oft ironisch. Die Überarbeitung traditioneller Themen, sowie die Form der Bilder mit der Suggestion offener Interpretation, fügt sich in die vom Künstler bevorzugte postmodernistische Strategie. Er zeigte bereits im Rahmen der Ausstellung "Allegorien des Postmodernismus" solche Bilder, wie etwa "Colour it" (Ergänze die Farbe). Eine Arbeit aus diesem Zyklus wird auch in Innsbruck gezeigt. 

 Bilder, Fotografien, Objekte die getrennt und zerrissen wurden; sie tragen in sich die Merkmale von Emotionalität. Aufs Neue zusammen gefügt, bekunden sie den Willen zur Rückkehr und Wiedergutmachung. Sie zeigen jedoch eine Spur, die Erinnerung des Zerfalls. Das was überdauerte ließ Alles verändert und anders. Das ist ein autobiografisches Werk, auf den ersten Blick ironisch und distanziert. Im Kontext der Strömungen der zeitgenössischen Malerei reiht es sich in den malerischen Polnischen Realismus, der international durch Künstler wie Wilhelm Sasnal oder Agata Bogacka bekannt geworden ist und deren Werke von folgenden Eigenschaften geprägt sind: Synthetische Bearbeitung der Bildoberfläche, Linearität, Einfluss der Ästhetik von Comics (siehe Lech Polcyn, Wszystko co Pozostalo, Alles was blieb; 2006) sowie auch persönliche Themen, die manchmal die intimsten Sphären des Lebens enthüllen. 

 Ola Jach 


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